Die alte Sage & die Ziegenhöhle am Feuersalamanderpfad des Mühlberg von Niedersachswerfen
Von Tim Schäfer (V. 15.06.2022)
Anlässlich einer Wanderung entlang des reizvollen Feuersalamanderpfades erwähnte ich die sagenumwobene Ziegenhöhle und den Luftschutzstollen, den KZ- Häftlinge des KZ-Mittelbau-Dora noch 1945 mit ausgehoben hatten. Weder war bekannt, wo genau diese uralte Gipshöhle bzw. der Stollen sich befunden hatten, noch in welchem Zustand diese heute anzunehmen oder gar auffindbar sind? Auch war die alte Sage fraglich.
Das sollte sich doch klären lassen?!
Am Eingang – Foto-Silvia Schäfer, Niedersachswerfen
In Sachswerfens „Kleiner Kneipe“ traf ich zufällig auf Karl- Heinz Hattenhauer. Er lud mich mit einem Lächeln ein, vor Ort meine Fragen zu beantworten und ich willigte sofort ein. Gesagt, getan. Großer Dank an Hr. Hattenhauer! Wir stapften also gemeinsam einen Teil des Mühlenwegs bzw. des Feuersalamanderpfades entlang und ich hörte der Erzählungen mit gespitztem Ohr zu.
Vieles war mir neu! So auch zu einem weiteren Bremsberg eines ehem. Gipsbruchs, der noch zu beschreiben ist (wahrscheinlich zu Kaselitz AG -ehem. Eberthof). Es ging aber auch darum, wie es früher um den Regensborn und den kleinen Regensborn stand und wo genau sich dieser besagte Luftschutzstollen befand, das konnte ich dokumentieren. Der Stollen existiert offenbar noch.
Fotos Klufte, Spalten an der Ziegenhöhle am Mühlberg bei Niedersachswerfen -Silvia Schäfer
Alte Ziegenhöhle
Die alte Ziegenhöhle (Mundart: Zeijenhöhle) wird in vielen historischen Schriften erwähnt und divers beschrieben. Sie gehörte zum Hausberg Mühlberg von Niedersachswerfen wie Tanzteich, Wache und Faciusgraben. Oft wird diese heute verwechselt, mit der Gipslaughöhle, die an der Obermühle vor 100 Jahren gefunden worden war. Offenbar hat sich diese Ziegenhöhle als Gipsspalthöhle an der Bruchkante des Auslaugungstals im Gipskarst über die Jahrhunderte stark verändert. Es war also zunächst einmal ein Sehnsuchtsort und ein touristisches Ziel, welches sozusagen in Vergessenheit geriet. Dabei ist die Ziegenhöhle noch existent, aber schwer zugänglich, bzw. ist heute nur unter erheblicher Gefahr begehbar.
1907 berichtete die Nordhäuser Allgemeine Zeitung… „Aber auch zu erzählen von früheren Zeiten weiß am Mühlberg manches Stück Erde! Viel ältere Leute aus der Umgebung kennen die „Ziegenhöhle“, am Nordosthang gelegen. Nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt 1806 soll es gewesen sein, als hier in dieser Höhle Einwohner des Ortes vor den fliehenden Preußen und den nachfolgenden Franzosen Schutz suchten…“
Walther Reinboth schrieb 1969 zur Ziegenhöhle an den Heimatforscher Manfred Bornemann (Ilfeld, Hamburg) mit Verweis auf Friedrich Stolbergs Werk von 1926 „Die Höhlen des Harzes“, das die Ziegenhöhle eine Spalthöhle sei, die Ihre Bekanntheit nur durch eine Sage sowie der Niederschrift von Behrens und Duval (Hercynica curiosa, Nordhausen 1703) verdanke.
Im 1. Weltkrieg soll die Höhle als ein Vorratsraum gedient haben, der Autor nimmt letzteres eher als Fabel.
G.H. Behrens schrieb 1703 in seiner Hercynica curiosa „Von der Sachswerferischen Höle, das Ziegen-Loch genannt“:
Den Namen hat sie daher bekommen, weil die Nieder-Sachswerfischen Einwohner vormals Ziegen (auf dem Mühlberg-d.A.) gehalten haben, so Tag und Nacht, Sommer und Winter darauf verblieben sind, welche oftmals zur Nacht-Zeit, wenn starke Platz-Regen und Ungewitter entstanden, vorne in der Höhle sich reterieret haben …“ und dass sich dereinst ff. Saga ereignet habe.
„Denn als zu einger Zeit in dem dreißigjährigen Kriege (1618-48-d.A.) das Dorf von einer streiffenden Partei Soldaten überfallen worden, sei die Ziegenhirtin bei dem Ziegenloche in eine Höhle gekrochen, und habe aus derselben mit Schmerzen am Tage zugesehen, wie die Soldaten in dem Dorffe mit den Leuthen umgegangen und gehauset hätten, welches doch aber nichts gegen den großen Schrecken gewesen wäre, womit Sie in der sehr dunckeln Nacht überfallen worden;
Denn alsvorgedachte Berg-Ziegen zu Ihr in die Höhle gekrochen, habe Sie sich auff diese Thiere vor grosser Furcht nicht besinnen können, sondern vermeinet, daß solches Soldaten wären, so Sie auffsuchen wolten, derohalben dieselbe in ein solches Schrecken geraten wäre, daß Sie, als eine ohne dem vom vorher gehabten Schrecken und Furcht schon halb erstorbene Frau, nicht anders gedacht, als dass Sie davon des Todes sein müsse, endlich aber, als die vermeinten Soldaten durch Ihre Stimme verrathen worden, indem die Ziegen, ihrer Art nach, zu meckern angefangen, habe dieselbe Ihren Irrthum erkennet, und sei darauf bald wieder zu sich selber kommen.“
Die Höhle selbst soll einen langen Gang gehabt haben, danach eine große, dunkle Höhlung sich öffnete, durch die eine Kluft in eine weitere Höhle führen würde. Dort sei aber ein tiefes Fallloch gegeben, in dem vor vielen Jahren ein Ziegenhirte verschwand. In der Höhle sei es sehr kalt.
Die Beschreibung wirkt fabelhaft, die Höhle ist nicht erforscht. Daher sind die Thüringer Höhlenforscher angeschrieben worden.
Erfreulich ist, dass insbesondere mit den Thüringer Höhlenforschern es gelang, die Kunzenhöhle, die Gängertalhöhle (Kohnstein) und nun auch die alte Ziegenhöhle am Mühlberg für Niedersachswerfen bzw. Woffleben nachzuweisen.
Gut, dass diese Naturwunder heute unter Schutz stehen.