Mit Anmerkungen von Tim Schäfer, Niedersachswerfen (V Entwurf 29 06 2022).
Die Gemeinde Harztor hatte 2022 Ihr 10-jähriges Jubiläum und feiert das 1. Harztorfest, verkörpert also eine junge Gemeinde im Freistaat Thüringen, Landkreis Nordhausen.
Die Geschichte der Vorläufer der Gemeinde Harztor spannt im Mittelalter also den Bogen über 5 Jahrhunderte und verschiedene landesherrliche, gräfliche (Ilfeld- Honstein-stolbergische) und patrimoniale Behörden, die nach und nach an das neu errichtete landesherrliche Amt Ho(h)nstein abgegeben wurden, dem das Stiftsamt Ilfeld revolvierend folgte.
Ganz oben im thüringischen Norden wird südharztypisch, etwas hannoverisch und auch „Nordhäuser Platt“ in einer Mischform gesprochen, die die Einwohner liebenswert macht. Die junge Gemeinde Harztor kann gleichwohl auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurückblicken. Diese stützt sich insbesondere auf die vormaligen Grafschaften, Grafschaft Hohnstein (später Hohenstein Im Mittelalter durchweg: Honstein geschrieben), die auch aus den Herrschaften Lohra und Klettenberg bestand, dem Amt Hohnstein, den Klöstern (Ilfeld, Walkenried), dem ehemaligen Kreis Ilfeld.
Nach der Gauordnung in alter Zeit entstand hier eine Grafschaft, die mit einem Adelger(d) im 12. Jahrhundert begann und sich disloziert und bedeutend räumlich erweitert hat (um Reichslehen, Klettenberg, Stolberg u.a.). Auch zwei Reichsämter, das Reichsschultheißen- (bis 1342) und das Reichsvogteiamt von Nordhausen wurden erworben. 1372 teilte sich die Grafschaft von Honstein in eine ältere (Klettenberg-Lohra) und jüngere Linie (Heringen-Kelbra).
Auf der Burg Hohnstein hatte spätestens seit den Grafen zu Stolberg (1414) ein gräflicher Amtmann seinen Sitz. Er übte die zivile Gerichtsbarkeit unterster Instanz, die Untersuchung von Kriminalfällen sowie die des Domänenbesitzes aus. Einschlägig ist die temporäre Zugehörigkeit zu Hannover bzw. Braunschweig und Preußen.
16. Jahrhundert - Gräfliche Kanzlei zu Neustadt- Die Grafen zu Stolberg ließen im 16. Jahrhundert als Lehnsinhaber der Grafschaft Hohnstein die Zivilgerichtsbarkeit über die Exemierten, die Urteilsfällung in Kriminalangelegenheiten und die Verleihung der Afterlehen durch eine Regierung bzw. Kanzlei ausüben, deren Mitglieder zu diesem Zweck aus Stolberg in die Grafschaft Hohnstein, Neustadt, kamen.
1593 fiel das Gebiet an den Herzog von Braunschweig. Im Rezess von 1639 erkannten die Grafen die landesherrliche Oberhoheit der Braunschweiger an. Außer der Appellation (Berufung-d.A.) in geistlichen und weltlichen Sachen an die landesherrlichen Gerichte mussten sie den braunschweigischen Herzögen die Oberaufsicht über die Grafschaft, die Landfolge, das Leibgeleit und das Recht der Einquartierung zugestehen.
1648- Westfälischer Frieden, die Grafschaft Hohnstein kommt über eine Zeit der Grafen von Sayn-Wittgenstein an das Kurfürstentum Brandenburg (1699, Preußen, Halberstädter Regierung).
Kurfürstliches bzw. königliches Hoheitskommissariat zu Ilfeld
Als 1715 das bisher strittige Steuerrecht über verschiedene Dörfer durch Vertrag an Braunschweig-Lüneburg überging, wurde der gräfliche Amtmann zu Neustadt als Kommissar mit der Wahrnehmung der landesherrlichen Hoheits- und Steuerrechte über die Dörfer beauftragt. Es zeigte sich aber, dass durch die unklaren Bestimmungen des Rezesses von 1639 viele Hoheitsrechte des Landesherrn an die Grafen übergegangen waren. Dies wurde folgend durch Kommissionen untersucht. Die landesherrlichen Hoheitsrechte wurden jedoch nun durch das Hoheitskommissariat ausgeübt.
In dem Rezess von 1733 gerichtliche Mittelinstanz wieder Kanzlei mit dem Sitz in Neustadt.
1769 – Kammerdeputation in Ellrich- Präsidenten der preußischen Kriegs- und Domänenkamme in Magdeburg unterstellt (Basis Kreis Nordhausen).
1770 - 1780 Preußische Kreisverwaltung in Ellrich „Deputation Hohenstein der Kriegs- und Domänenkammer Halberstadt“.
1806 - 1813 Königreich Westfalen unter Jerome bzw. Napoleon- Kanton Ilfeld.
1815- Wiener Kongress wieder preußische Provinz „Sachsen“.
Kreis Nordhausen 1816- Nach der westfälischen Zeit, in der Ilfeld einen eigenen Kanton bildete, wurde das Amt Hohnstein wieder hergestellt und 1822 durch die Aufhebung der zweiten Immission sowie den Abschluss eines Rezesses mit den Herzögen von Braunschweig.
Patrimonialgerichte Werna, Bösenrode, Crimderode und Hohnsteiner Forst.
Nach dem Ende der westfälischen Zeit verzichteten die Inhaber der Patrimonialgerichte von Werna und Bösenrode auf die Ausübung der wiederhergestellten Gerichtsbarkeit und der damit verbundenen niederen Polizei- und Verwaltungsaufgaben. Sie ließen diese nun durch das Amt Hohnstein wahrnehmen.
Königliche Amt Hohnstein - 1852 neu organisiertes Amt Hohnstein (untere Verwaltungsbehörde, alle Gerichtsbefugnisse waren ans Amtsgericht abgetreten) -landesherrliche Verwaltungsbehörde.
Mit der Aufhebung der patrimonialen Gerichte 1852 wurde auch die Kanzlei aufgelöst. Ihre Gerichtsaufgaben gingen an die staatlichen Gerichte und ihre Verwaltungsaufgaben an das neue königliche Amt Hohnstein über.
Bei der Teilung des gräflichen Hauses Stolberg hatte die Linie Stolberg-Wernigerode den Waldbesitz in der Grafschaft Hohnstein (Hohnsteiner Forst) erhalten. Die patrimoniale Gerichtsbarkeit dieses Gebietes lag bis 1852 beim Forstamt Sophienhof, ehe dieses ebenfalls erlosch. Alle Gerichtsfunktionen der Patrimonialgerichte fielen 1852 dem Amtsgericht Hohnstein zu.
1860 Amt Hohnstein (von Neustadt nach Ilfeld verlegt).
1882 Aus dem Kreis Nordhausen wurde Nordhausen herausgelöst und der Kreis bekam seinen Namen Kreis Grafschaft Hohenstein zurück.
1882 Landratsamt Ilfeld (Vereinigung aus Amt Elbingerode und Amt Hohnstein im Regierungsbezirk Hildesheim/Hannover.
1932 (August) Landkreis Ilfeld wird aufgrund des Gesetzes der Regierung von Papen (Verwaltungsänderungsgesetz) zum insbesondere Kreis Grafschaft Hohenstein verschmolzen und aufgelöst (01.10.1932). Mit den Ortschaften Ilfeld, Niedersachswerfen, Crimderode, Urbach, Buchholz, Bösenrode u.a., es werden sechs neue Amtsbezirke (neue Teile im Kreis) gegründet: 1. Niedersachswerfen mit Crimderode und Rüdigsdorf, 2. Ilfeld mit Wiegersdorf, 3. Hohensteiner Forst mit Rothesütte, 4. Neustadt mit Osterode, Harzungen, Buchholz und Petersdorf, 5. Leimbach mit Steigerthal, Urbach, und Bösenrode, 6. Sülzhayn mit Werna und Appenrode.
1932 (Oktober) Epschenrode b. Worbis zum Kreis Grafschaft Hohenstein.
April - Juni 1945 amerikanische, spätere sowjetrussische Besatzung.
1945 Auflösung des Landes Preußen, Regierungsbezirk Erfurt.
19. Oktober 1945 Umbenennung in Landkreis Nordhausen.
1945 bis 1952 als Landkreis Nordhausen im Land Thüringen bzw. der SBZ ab 07.10.1949 der DDR.
1952 Kreis Nordhausen, Bezirk Erfurt (-1990) ist deckungsgleich mit dem heutigen Landkreis Nordhausen.
Durch die Siegelordnung der DDR vom 28. Mai 1953 verloren alle regionalen Wappen ihre Bedeutung als Marke bzw. Siegel. Durch die Kommunalverfassung der DDR vom 17. Mai 1990 konnten Gemeinden und Kreise wieder ausdrücklich Wappen führen und sie als Siegel verwenden.
03.10.1990 (Wiedervereinigung) – Land Thüringen, Hauptstadt Erfurt.
06.04. 1994 - 06.07.2018 Verwaltungsgemeinschaft (VG) Hohnstein/Südharz (Körperschaft des öffentlichen Rechts).
01.01.2012 - Ilfeld und Niedersachswerfen schließen sich zu Harztor zusammen.
(Ergebnis der zweiten Gemeinde- und Gebietsreform des Freistaates Thüringen).
Ende 2016 - Harztorbeschluss der Kommunen Harzungen, Neustadt und Herrmannsacker. Seit 6. Juli 2018 gehören die drei Ortschaften neben Ilfeld und Niedersachswerfen ganz offiziell mit zur Landgemeinde Harztor.
2022 - 10 Jahre Gemeinde Harztor und 1. Harztorfest.
Quellen:
- Landratsamt Nordhausen- Archiv
- Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Stiftamt Ilfeld vgl. A 19k III, vgl. A 19k II Landratsamt Ilfeld
- Wikipedia
- www.harztor.de
- Hilmar Römer, Niedersachswerfen-Chronik
- Jahrbuch des LK Nordhausen 1990-1993, Viola Herzog
- Nordhäuser Zeitung vom 01.10.1932 „Der neue Kreis Grafschaft Hohenstein“
- Karl Meyer, ebenda, Zur Wiedervereinigung der Grafschaften Hohenstein
- Als Ilfeld noch zu Hannover gehörte, Nordhäuser Zeitung von 1942