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Das Judenmädel und der König - 1944 - Mittelwerk (KZ Mittelbau) bei Nordhausen

Wir wissen um viele Opfer, die das KZ Mittelbau bei Nordhausen forderte. Das betraf tausende Menschen aus vielen Ländern, die hierher als Häftlinge zur Zwangsarbeit für Hitlers Wunderwaffen verschleppt worden waren. Daneben gibt es jedoch auch einige deutsche Opfer, deren Fälle überliefert, aber kaum bekannt sind…

von Tim Schäfer


Das KZ -Mittelbau kann im Kontext der nationalsozialistischen, grauenhaften Vernichtungspolitik insbesondere als ein KZ der Vernichtung durch Arbeit angesehen werden. 1944/45 wurden noch viele Juden, insbesondere aus Auschwitz, in das KZ Mittelbau bei Nordhausen am Kohnstein, verschleppt und zu Arbeiten im Stollenbau, der Verwaltung  und der Waffen-, Flugzeug-  oder Treibstoffproduktion eingesetzt. Aus mehreren Quellen, unter anderem von einem ehem. Mittelwerk Abteilungsleiter, ist die Affäre des Technikers König überliefert. König, der aus Peenemünde wegen der Raketen (V-Waffen, A4, V1) ins Mittelwerk nach Nordhausen gekommen war, wurde  demnach direkt ins KZ Mittelbau der SS am Kohnstein eingewiesen. Als Häftling. Wie soll es dazu gekommen sein? Berichtet wird, dass dieser König und ein jüdisches Mädchen „in einer Toilette“ im Stollen erwischt worden sind… Eine 1944 als skandalös diffamierte Affäre, die offenbar auch als Abschreckungsmaßnahme der GESTAPO dienen sollte. „Rassenschande“ galt als ein schweres Verbrechen zur NS- Zeit. „Rassenschande (auch Blutschande genannt)“ war im nationalsozialistischen Deutschen Reich ein verbreiteter Propagandabegriff und Straftatbestand, mit dem besonders sexuelle Beziehungen zwischen Juden – nach der Definition der NS-Rassegesetze usw. – und Staatsangehörigen „deutschen oder artverwandten Blutes“ verunglimpft und hart bestraft worden sind.

Eine Intrige?

Hatte sich Ingenieur König mit einem Kapo oder der SS angelegt und deren kriminelle Energie unterschätzt? Die Häftlingseinsätze wurden von Kapo`s geführt, quasi Funktionshäftlingen. Bei Arbeitseinsätzen außerhalb des Lagers, wie im Mittelwerk, wurden solche Funktionshäftlinge als Vorarbeiter, Kapo`s oder Oberkapos eingesetzt. Letztere waren Aufseher und auch Mitarbeiter der Lagerleitung der SS. Wenn diese die erschöpften Häftlinge brutal antrieben, wurden Opfer zu Tätern. Teilweise missbrauchten sie ihre Macht zu sadistischen Übergriffen und verübten Verbrechen, bei denen Mithäftlinge auch zu Tode kamen, oft in Anleitung oder Billigung durch die SS.
Es war nicht unüblich, dass es pro Trupp von 18 Häftlingen etwa einen Kapo gegeben hat, der die Arbeitseinsätze beaufsichtigte, aber auch für Ergebnisse mitverantwortlich war. Es wird berichtet, dass Kapo`s versuchten, eben auch Techniker oder Bauleute des Mittelwerks zu bestechen. Dabei räuberten diese auch Sendungen an Häftlinge aus, unterschlugen Lagergeld oder Prämien. Kollaborierten im Spannungsfeld mit der SS und der GESTAPO. Belegt ist diese Intrige nicht und lässt sich auch nicht belegen, ich habe dies als eine Vermutung hier doch aufgenommen. Denn, diese dramatische Geschichte kann eine perfide Intrige oder auch Racheaktion gewesen sein.

Gestapo Dienststelle Niedersachswerfen

Es gab in Niedersachwerfen eine GESTAPO Dienststelle. Die wurde in der Affäre König offenbar aktiv. Jedenfalls, ein Fall von Rassenschande im Mittelwerk, ein Fall für den gefürchteten GESTAPO Mann und SS-Oberscharführer Ernst Sander, der direkt im Reichssicherheitshauptamt in Berlin seine Einweisung zu den Aufgaben in und um Niedersachswerfen, bekommen hatte. Zu seinen Aufgaben zählten die Abwehr von Sabotage und Spionage, jeglicher Fluchten und dem Widerstand. Er war auch in die Verhöre von Albert Kuntz (KPD) involviert. Seine „Verhöre“ waren, wie überliefert ist, gespickt mit Folter, Drohungen… Auch die Ermordung von Häftlingen wird ihm zugeschrieben. Sein Büro, welches sich in einer Baracke auf der Seite Niedersachwerfens befand, wurde speziell ausgebaut, schallgedämmt und vergittert. Nur ein Schreibtisch stand darin, nebst seinem Arbeitsgerät. Also verschiedene Knüppel, Stöcke und eine Peitsche. Übrigens, Sander nahm nach dem Krieg wieder seinen ursprünglichen Namen Sabinski an und wurde im Essener Dora-Prozess verurteilt, musste aber seine Strafe nicht antreten. Diese Geschichte ist auch im  Sammelband: Hitlers Mittelwerk & V-Waffen Nordhausen/Harz enthalten, der auch viele Quellen direkt anführt. Mehrere Augenzeugen haben jüdische Mädchengruppen, bestehend aus jüdischen KFZ- Häftlingen, gesehen und wunderten sich zumindest. Es kann sich aber um verschiedene Häftlingsgruppen handeln. Ein Zeitzeuge, Herr Joecks gibt sogar an, dass jüdische Kinder in der Montage der Waffen im Mittelwerk eingesetzt worden seien. Zu den gleichen Bedingungen, was bedeutete 12h+x mindestens, reine Arbeitszeit, für Kinder! In Schichten. Joecks  gab es so zu Protokoll: „zuletzt waren auch jüdische Kinder im Alter von 14 bis 16 Jahren eingesetzt, unter den gleichen Arbeitsbedingungen…“

Ich habe den Begriff oder das Wort „Judenmädel“ hier verwandt, weil es in der Quelle auch benutzt wird und ich heute  darin keine Missdeutung sehe oder generieren will, (vgl. auch https://www.imdb.com/title/tt0956164/fullcredits von Amazon: Das Judenmädel oder mehrfach in  Arthur Schnitzlers Werken). Der Begriff „Mädel“ ist heute nicht mehr so geläufig, aber steht für ein Mädchen, ein junger Mensch weiblichen Geschlechts.

Nordhausen & Hitlers Mittelwerk

die so lieblich am Harz gelegene deutsche Kleinstadt im Norden des Freistaates  Thüringen. Heute ist die Stadt Nordhausen insbesondere bekannt für Doppel- Korn, das Theater, eine Hochschule, das Südharz Klinikum, den Dom. Stolz blickt man auf seine berühmte Figur, den Roland. Der Nordhäuser Roland stellt schon seit jeher eine Verkörperung für Freiheit, Macht und Gerichtsbarkeit dar. Also auf eine Geschichte, die u.a. bis auf das Königspaar Heinrich I. und Mathilde, zurückgeht. Bis 1945 galt die Stadt als eine Perle, in deren Nähe die Nazis aber Hitlers SS-Mittelwerk (V-Waffen) mit dem KZ Mittelbau betrieben haben. Diese Kleinstadt wurde im April 1945 durch Luftangriffe schwer zerstört. Viele Nordhäuser, die „ausgebombt“ wurden, fanden 1945 kurzzeitig eine Unterkunft in den Stollen im Kohnstein. Hier ist im SS-KZ Mittelbau eine perverse Qualität des Grauens nationalsozialistischer Vernichtungspolitik durch Zwangsarbeit für Nazi-„Wunderwaffen“ (V2-A4, V1, Flugabwehrraketen), Junkers, dem „Volksjäger He 162“, von Treibstoffen und IG Farben erreicht worden. Nordhausen wurde noch Anfang April 1945 auch deswegen stark zerstört. Tausende Menschen kamen um, viele Häftlinge wurden durch das KZ krank, starben oder sind gefoltert und ermordet worden.

Hinweis: Sammelband= Hitlers Mittelwerk & V-Waffen Nordhausen/Harz

 

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